Wann bist Du in der Lage, gute Leistungen abzurufen?
Wann bist Du in der Lage, gute Leistungen abzurufen? Diese Frage betrifft nicht nur den Sport, sondern auch alle anderen Bereiche.
Und natürlich kommen dann Antworten wie: wenn ich fokussiert bin, wenn ich gut vorbereitet bin, wenn alles passt usw.
Alles richtig. Alles klassische sportpsychologische Themen. Aber manchmal steckt auch mehr dahinter. Manchmal gibt es Dinge, die einen belasten oder auch nur beschäftigen, die einen Einfluss auf unsere Leistung haben. Und manchmal muss man das vor einem Wettkampf oder einem wichtigen Termin auch einfach nur loswerden oder besprechen. Wenn ich belastende Dinge nicht bearbeiten kann, schleppe ich sie mit – wie ein schweres Gewicht. Dass da keine gute Leistung folgen kann, ist jedem klar.
Es mag mein klinischer Hintergrund sein, aber meine Philosophie ist: Du bist gut, wenn Du Dich gut fühlst. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht und würde sagen, dass meine subjektiven Beobachtungen diesen Satz bestätigen. Ich habe aber auch Erfahrungen mit anderen Sichtweisen machen müssen. Das betrifft jetzt gar nicht die Schwimm-Verbands-Tätigkeit, aber Erlebnisse aus den Jahren davor. Wiederholt wurde ich da von Verantwortlichen in Vereinen und Verbänden unter Druck gesetzt, ich müsste den Athlet*innen doch mehr „Wettkampfhärte“ beibringen. Was ist denn bitte „Wettkampfhärte“??? Der Begriff impliziert ja, dass man „hart“ sein muss, um gut zu sein. Gemeint ist sicher, dass man im Wettkampf nicht emotional ist, sich nicht durch Gefühle ablenken lässt. Aber geht denn das? Wir sind menschliche Wesen und keine Maschinen. Wie soll das gelingen, alle Gedanken und Gefühle abzuschalten? Und ist das wirklich das Ziel? Eine Athletin oder ein Athlet, der nicht mehr fühlt? Wichtiger ist doch, dass sich die Athletin oder der Athlet gut fühlen. Techniken, um sich im Wettkampf zu fokussieren gibt es zahlreiche. Aber ich bin der Ansicht, dass man auch schauen muss, dass man es schafft, dass der Athlet oder die Athletin in einer guten Stimmung sind. Denn wenn ich mich gut fühle, kann ich auch ganz automatisch gute Leistung bringen. Das kennt jeder z.B. aus der Zeit der frischen Verliebtheit. Da scheint es keine Hürden zu geben oder keine Hürde zu hoch zu sein. Alles geht einfach von der Hand, schlimme Dinge sind nicht mehr so schlimm. Nun können wir uns schwer von selbst in einen Zustand der frischen Verliebtheit bringen. Aber wir können gucken, wie wir es schaffen, uns in eine gute Stimmung zu bringen. Zum einen kann ich mich vor wichtigen Wettkämpfen fragen, ob es Dinge gibt, die mich gerade belasten. Kann ich davon etwas vorher noch bearbeiten oder kann ich es vielleicht irgendwo loswerden? Manchmal hilft es ja tatsächlich schon, mit einer vertrauten Person über Probleme zu sprechen. Wenn das nicht gelingt, sollte ich mich ganz bewusst entscheiden, dass ich mich nach dem Wettkampf wieder dem Problem widme. Aber nicht im Wettkampf. Die paar Sekunden wird das Problem nicht verschlimmern. Ich kann es also ganz bewusst verschieben, um im Wettkampf keinen Ballast mitzuschleppen. Die Frage „Ändere ich etwas an dem Problem, wenn ich mir jetzt hier im Wasser Gedanken mache?“ kann vielleicht auch helfen. Es kann auch helfen, die Gedanken oder Gefühle auf einen Zettel zu schreiben und den Zettel z.B. am Aufwärmplatz oder zuhause zu lassen. Du kannst Dir das Problem auch als Wolke vorstellen. Gedanken können kommen und gehen wie Wolken am Himmel. Nimm‘ die Wolke kurz wahr und dann schicke sie mit der nächsten Windböe davon. Um Dich besser zu konzentrieren, zähle einmal kurz auf: 3 Sachen, die Du siehst, 2 Sachen, die Du hörst, 1 Sache, die Du gerade fühlst. In dem Moment, wo Du den Sinnen nachgehst, hast Du keine Chance mehr zu grübeln.
Frage Dich, was Dich in gute Stimmung versetzt? Gibt es etwas im Umfeld, dass Dir guttut? Gibt es Musik oder ein Lied, das Dir sofort gute Laune bereitet? Erinnere Dich an schöne Momente, vorangegangene Erfolge. Erinnere Dich daran, warum Du irgendwann mal mit Deinem Sport angefangen hast. Jeder hat seine eigenen Ressourcen, um in eine gute Stimmung zu kommen.
Vielleicht sollten wir lieber von „Wettkampfstärke“ sprechen. Gefällt mir viel besser.
Und Du, hol‘ Dir Deine gute Laune – denn Du bist gut, wenn Du Dich gut fühlst!